Salzburger Stier Restaurierung und Feierlichkeiten
Wie der Stier brüllt

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Der Salzburger Stier brüllt
Von Clements M Hutter

Täglich dreimal ³brüllt² der ³Stier², das Hornwerk an der Nordseite des Hohen Stocks ­ weltweit letzter Zeuge des gotischen Orgelbaus. Deshalb erhält dieses einzigartige Weltkulturerbe im Zuge der Generalsanierung der Festung auch die gebührende Aufmerksamkeit. In diesem Werk stehen die Pfeifen auf einem Windkasten, aus dem sie von einem Blasebalg ³Druckluft² bekommen. Bespielt wird das Instrument statt mit Tasten mit einer Walze, auf der die Folge kurzer oder längerer Töne mit Stiften und (längeren) Stegen eingeschlagen wird. Dreht sich die Walze, dann schleifen Stifte und Stege über Hebel, öffnen die Ventile unter den Pfeilen und lösen so einen kurzen oder langen Ton aus. Die größten Pfeifen für die tiefsten Töne dieses Werks von drei Oktaven Umfang messen 3,6 Meter. Um teures Zinn zu sparen, ließen die Erbauer vor 500 Jahren einige Zwischentöne aus. Auf das Klavier übertragen: Man kommt mit weniger schwarzen Tasten aus.

Wolfgang Amadeus Mozarts Vater Leopold (1719-1787), Hofkomponist in Salzburg, beschrieb dieses Instrument recht anschaulich als ³Pfeiffenwerk wie eine Orgel und eine Mixtur, bei welcher die große Terze besonders hervorstechen muß². Dieses ³Walzenwerk macht, bevor so ein Stück spielet, ein sogenanntes Geschrey, das in dem Harmonischen Dreyklang (F-A-C) besteht, eine pure Mixtur ist und in 150 Pfeiffen bestehet².

Diesem ³Geschrey² folgen Musikstücke, deren besonderen Klang Mozart so erläuterte: ³Das Werk hat 200 Pfeiffen, die vom tiefsten bis zum höchsten Tone sich immer vermehren, also von 2 bis 10 (Pfeiffen je Ton; Anm.) steigen². Der Besucher kann das während der Führung überprüfen: Je kürzer die Pfeifen (mit immer höheren Tönen), desto mehr stehen davon in einer Reihe nebeneinander.

Leopold Mozart und sein Berufskollege Johann Ernst Eberlin (1702-1762) schrieben für dieses Hornwerk zwölf Stücke, für jeden Monat eines. 1759 entsprach Mozart dem ³Verlangen vieler Liebhaber² und adaptierte diese zwölf Stücke für Klavier.

Im Zuge der Restaurierung soll auch Musik auf Walze geschlagen werden, die dem Charakter einer gotischen Orgel entspricht ­ und nicht ein ³stilloses Potpourri² bietet, das der Salzburger Musikwissenschafter und Organist Gerhard Walterskirchen zurecht bemängelt. Das von Mozart erwähnte ³Geschrey² ist das Gebrüll des ³Salzburger Stiers²

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Nach der Sage freilich spielt dieses Tier keine musikalische, sondern eine militärische Rolle: Einst belagerten rebellische Bauern die Festung. Als der Besatzung die Lebensmittel knapp wurden, verfiel sie auf eine glänzende Idee. Man bemalte den letzten der Stiere nach kräftiger Wäsche täglich anders und führte ihn auf eine Bastei, um den Bauern enorme Reserven an den Lebensmitteln vorzuspiegeln. Der Trick wirkte, die Bauern gaben die aussichtslose Belagerung auf.

Die Halleiner freilich neideten den ³Salzburger Stierwaschern² diesen Beweis von Intelligenz und rächten sich für eine üble Nachrede aus früheren Tagen. Die Salzburger hatten nämlich behauptet, der Halleiner Bürgermeister habe die Stadttore schließen lassen, nachdem der Frau Bürgermeisterin ein Zeisig entfolgen war. Fortan hänselte man die Halleiner als ³Zeiserlfänger². Aus Rache für diesen Hohn schickten die Halleiner auf einem Floß einen schwarzen Stier die Salzach abwärts. Da die Salzburger noch nie ein schwarzes Vieh gesehen hatten, holten sie den Stier an Land und wuschen ihn tagelang ­ vergeblich. Womit der intellektuelle Gleichstand zwischen Salzburger ³Stierwaschern² und Halleiner ³Zeiserlfängern² wieder hergestellt war.

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